26.Juli 2017 - Tag 61 - haase-news

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26.Juli 2017 - Tag 61

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Bei meinen Gastgebern bekam ich gestern Abend noch ein sehr gutes Abendessen: Salat mit Tomaten und Bohnen aus dem eigenen Garten, danach ein Gericht mit sehr lecker angerichtetem Fleisch, Reis und Gemüse aus dem Garten. Zum Schluss Käse. Dazu einen sehr guten Wein.
Morgens um 4 war ich schon wieder auf den Beinen. Schließlich war die heutige Tour ja 30 km lang. Da sollte es nicht zu spät losgehen. Für das Frühstück war ich wieder selbst zuständig, also gab es Obst, Erdnüsse und Wasser. Es gab zwar eine Kaffeemaschine, aber nur löslichen Nescafe. Da war ich mir nicht sicher, ob das funktionieren würde. Und ein Wasserkocher war leider nicht im Bestand.
Um 6 Uhr stand ich also wieder auf der Straße. Diesmal wusste ich, in welche Richtung ich gehen musste. Diese Art Fehler passiert normalerweise nicht zweimal.
Die Orientierung war aber auch nicht sonderlich schwer: 8 km lang ging es nur über die D8a. Zwischendurch wechselte ich vom Department Creuse zum Department Haute-Vienne, was zur Folge hatte, dass auch die Straßennummer zu D29 wechselte. Die ganze Zeit hatte ich mich darauf gefreut, die Straße bald verlassen zu können. Dann kam die Stelle, oben auf einem kleinen Pass: Komoot sagte "links", der Pilgerführer sagte "links", die Zeichen sagten "geradeaus".
Nun ja, Komoot ist nur so gut, wie ich zu Hause bei der Planung war (und damals waren meine Informationen über den Weg ziemlich beschränkt), der Führer ist nicht immer ganz eindeutig. Also ging ich geradeaus weiter.
Nach etwa 150 m hatte ich keine Bestätigung durch ein weiteres Zeichen bekommen, und eine andere Möglichkeit, nach links abzubiegen, blieb auch aus.
Ich beschloss, die paar Meter zurückzugehen und mich auf den Weg (jetzt natürlich nach rechts) zu machen. Komoot war zufrieden, aber Zeichen waren nicht zu finden. Dafür stand das Gras auf dem Weg so hoch, dass ich überzeugt war, dass hier seit Generationen niemand mehr gelaufen war.
Aber - nach vielleicht einem halben Kilometer mündete der Weg auf eine kleine Straße, und hier gab es wieder Wanderzeichen. Wie immer das auch gelaufen sein mag - es war jetzt richtig.
In Les Billanges war erstmal eine Pause fällig, zwar nur auf dem Sockel eines Kreuzes, aber darüber regt sich hier niemand auf. Wenn man das Foto vom Haupteingang zur Kirche sieht, weiß man auch, warum.
Weiter ging es in der Hauptsache über Straßen. An einer Stelle musste ich den aufgestauten Taurion überqueren. Danach ging es steil auf einem holprigen Waldpfad nach oben. Kurz vor Mittag kam ich in Le-Chatenet-en-Dognon an. An der schönen Kirche gab es einen nicht minder schönen Picknickplatz, auf dem ich mein Früchte-Mittagessen verspeiste. Eine schwarzhaarige Pilgerin kam über die Straße auf mich zu. Zuerst dachte ich, es wäre Martina. Aber sie war eine mir unbekannte Französin. Wir wechselten schnell ein paar Worte nach dem Woher und Wohin. Sie erklärte, sie wolle schnell etwas weiter in den Ort. Dort gäbe es eine Bar mit Epicerie (so eine Art Gemischtwarenladen, wo man auch Obst und Joghurt kaufen kann). Dort wolle sie sich noch eindecken, bevor sie schließe.
Als ich mit dem Essen fertig war, machte ich mich auch wieder auf den Weg. Tatsächlich war die Bar nur wenige Meter weiter. Ich überlegte noch, ob ich auch meine Vorräte ergänzen sollte, fand aber, dass der Rucksack eh zu schwer wäre, und ging weiter.
Ein paar Kilometer außerhalb saß die Frau im Gras und verspeiste genüßlich ihr Mittagessen. Wir sprachen noch kurz miteinander, dann zog ich weiter.
Die letzten 10 Kilometer wurden mir schwer: einige deutliche Aufstiege, der schwere Rucksack, die lange Tour - das alles machte sich erheblich bemerkbar, als ich endlich gegen 14:30 Uhr in Saint-Léonard-de-Noblat ankam.
Im Stadtzentrum war eine Bar geöffnet.
Ich fragte nach Essen und bekam eine leckere Pizza, dazu eine Karaffe (pichet) Rosé und danach ein Eis. Während des Essens fiel mir ein Paar auf, das sich nach mir umdrehte. Kurz darauf lief meine schwarzhaarige Französin vorbei, und auch nach ihr drehten sich die beiden um. Und jetzt sieht man mal wieder, wie schnell man Menschen Unrecht antun kann. Insgeheim dachte ich, dass sich die beiden ziemlich arrogant über Pilger lustig machten. Dann standen sie auf, der Mann kam an meinen Tisch und sagte: "Sie brauchen nichts mehr zu bezahlen. Es ist alles schon bezahlt." Mir blieb der Mund offen stehen. Mit Mühe bekam ich ein Merci beaucoup heraus. Auf die Frage, warum, bekam ich keine Antwort: Mann und Frau gingen freundlich lächelnd ihrer Wege.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich die beiden nie zuvor gesehen habe. Das war einfach eines der Wunder des Weges.
Mein Zimmer heute ist ein Hotelzimmer. Es war das einzige Zimmer, dass ich telefonisch reservieren konnte, hält sich beim Preis aber auch in Grenzen.
Morgen geht es weiter nach Limoges. Mit 22 km Länge scheint das ja mal wieder eine einfache Etappe zu werden. Ich bin mal gespannt, ob ich Martina oder die schwarzhaarige Französin wieder treffe.

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