03.Juli 2017 - Tag 38 - haase-news

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03.Juli 2017 - Tag 38

Wandern > Jakobsweg > Tag 31-40
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Das war ja mal was ganz anderes:

Nach einem einfachen, aber mit Herzlichkeit zusammengestellten Frühstück brach ich gegen 7:30 Uhr auf. Gestern Nachmittag hatte ich in Auxerre ein Geschäft gesehen, das 24 Stunden am Tag geöffnet war, und das an 7 Tagen pro Woche. Das suchte ich heute Morgen auf. Es wurde von einem Marokkaner oder Algerier geführt und bot unter anderem Kirschen und Nektarinen an. Die Kirschen gab es zu 4,20 Euro pro *kg*! Wow! Für weniger als 3 Euro konnte ich meine Obstvorräte auffüllen. Der Mann machte mich sogar darauf aufmerksam, dass eine Nektarine, die ich ausgesucht hatte, eine schlechte Stelle hatte. Also - den Laden kann ich nur empfehlen.

Die Strecke ging am Canal du Nivernais entlang. Dieser Kanal der Yonne gilt als einer der schönsten von ganz Frankreich. Den Eindruck kann ich nur bestätigen: Fast 20 km bin ich heute daran entlang geschlendert und konnte mich nicht satt sehen. Der Bau des Kanals wurde schon im 18. Jahrhundert (!) begonnen, nachdem sich im extrem kalten Winter 1782/83 ein schlimmer Brennholzmangel in Paris eingestellt hatte. Heute sind aber hauptsächlich "Freizeitkapitäne" auf dem Kanal unterwegs.

Von denen begegnete mir auf der ganzen Strecke heute aber nur ein einziger. Vielleicht waren die letzten Tage mit ihrem Regen und der unangenehmen Kälte einfach nicht attraktiv genug.

Auf dem Uferweg, einem ehemaligen Treidelweg, war aber eine Menge los. Am frühen Morgen waren es in der Hauptsache JoggerInnen, danach Fahrradfahrer und auch einige wenige Wandergruppen. Mehrmals wurde ich angesprochen und nach meinem Ziel gefragt. Die meisten Leute erkannten die Muschel und ahnten, dass ich nach Santiago unterwegs war. Immer wieder beeindrucend waren die Freundlichkeit, die herzlichen Grüße. Da macht es einfach Freude, die Menschen auch selbst anzusprechen und mehr als ein einfaches "Bonjour" zu sagen. Meine anfänglichen Hemmungen, mich französisch auszudrücken, habe ich völlig verloren. Und wenn mir mal ein Wort fehlt, dann ist das eben so. Macht doch nichts.

Es wurde ganz schön warm auf der Strecke. Die Kirschen und eine Nektarine, dazu der Käse von gestern mussten unterwegs dran glauben. Bei der Gelegenheit: Camembert kann man an Sonnentagen doch nicht so gut mitnehmen. Halbflüssigen Käse essen - da sollte man dann doch wenigstens einen Teller und Besteck dabei haben

Gegen 13:30 Uhr kam ich hier in Cravant an. Sofort fiel mir eine Bar ins Auge. Ich hatte einen höllischen Durst auf eine kalte Cola, den ich erstmal stillte. Dann gab es ein paar Tapas, ein großes Bier und ein Eis. Dabei sah ich auf Google Maps nach, wo eigentlich das gebuchte Hotel liegen sollte - und machte große Augen: Es war gleich das Nachbarhaus Praktisch, da werde ich mir wohl heute Abend noch ein Glas Wein zuführen

Ich hatte meine Ankunft für die Zeit zwischen 15 und 16 Uhr geschätzt. Als ich in den Vorgarten des Hotels eintrat, war es kurz vor 15 Uhr. Ein kleiner alter Mann stürzte gleich auf mich zu, begrüßte mich mit Handschlag, erklärte mir, er wolle nur eben seine Frau holen (im Stil von "Das dauert nur ein paar Minuten. Gehen Sie nur nicht weg."), war dann doch nach ein paar Minuten allein wieder da, zeigte mir mein Zimmer (einfach, aber groß, zum Garten hinaus), wollte die Bezahlung sofort haben, verzichtete aber ausdrücklich aufs Trinkgeld. Na gut, da muss ich morgen früh wohl ein bisschen dalassen Jedenfalls fühle ich mich hier ganz wohl. Und das WLAN ist auch gut

Hier kommt ein Update außer der Reihe:

Ich war heute Abend zum Abendessen in einem Restaurant, das irgendwie zum Hotel dazugehört oder dazugehört hat. Jedenfalls habe ich mich entschlossen, das Menu zu nehmen, das in diesem Falle erschwingliche 20 Euro kostete. Man muss zu jedem Gang zwischen zwei Möglichkeiten wählen.

Eine der beiden Möglichkeiten zur Vorspeise waren Schnecken. Und auf einmal dachte ich: Man kann nicht monatelang durch Frankreich ziehen und kein einziges Mal Schnecken essen. Also habe ich dem Ober, der zugleich auch der Chef des Restaurants war, gesagt, ich würde die Schnecken gern probieren, aber ich wüsste nicht, wie man sie isst. Ob das kompliziert wäre.
Er beruhigte mich: Nein, das ist überhaupt nicht kompliziert. Man isst sie einfach so. Also habe ich sie ausgesucht, und bekam wenig später ein Tellerchen mit 6 Schnecken in ihren Häusern, wie ich dachte. Ich puhlte den Inhalt aus einem Haus heraus, aber der Ober sah mich und erklärte mir, dass man die Häuser mit isst. Sie sind nämlich in Wirklichkeit aus einem dünnen Teig gebacken.
Ich habe die Schnecken also probiert und konnte nur sagen: Sie schmecken ganz delikat. Man braucht keine Angst vor Schleim zu haben. Es ist einfach leckeres Fleisch. (Vielleicht ist es auch mehr die Kräuterbutter darin. Möglicherweise schmeckt man von den Schnecken gar nichts. Jedenfalls war es aber lecker.
Die restlichen Gänge waren eher "normal": Eine Scheibe Schinken mit einer sehr delikaten Gemüsesoße und Kartoffeln, zwei verschiedene Sorten Käse und Café Gourmand (ein Espresso, eine Kugel Eis, kleingeschnittene Kiwi und ein kleiner Windbeutel - größer als unsere "Nonnenpfürzchen", aber eben kleiner als ein normaler Windbeutel).
Jedenfalls bin ich jetzt rundum übersatt und habe mir in dem Ober auch noch einen Freund gemacht, denn er hat sich sehr gefreut, als ich ihm gesagt habe, wie lecker das Ganze war.
So - und jetzt muss ich ins Bett. Morgen geht es weiter.
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