11.Juli 2017 - Tag 46 - haase-news

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11.Juli 2017 - Tag 46

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Um kurz nach 7 Uhr konnte ich heute Morgen tatsächlich starten. Bis ich den Schlüssel dann bei der Mairie in den Briefkasten geworfen hatte, wurde es aber doch beinahe halb 8.

Der Rucksack war schwerer als normal. Ich hatte gestern nicht widerstehen können, mich mit Nektarinen, Hartwurst und Käse einzudecken. Mein Versuch, mir in Guerigny neue Hirschtalgcreme zu besorgen, ist dagegen kläglich gescheitert. Obwohl der Name sogar in Französisch auf der Tube steht, kannte der Apotheker so etwas überhaupt nicht. Na ja, eine andere Fettcreme tut's auch.
Der Weg führte zunächst lange über Straßen. Selbst die Nebenstraßen hatten heute ziemlich viel Verkehr. Einige Male überquerte ich die Nievre, die in diesem Bereich mehrere Arme gebildet hat.
Schließlich - nach ca. 8 km ging es nach rechts auf einem Feldweg bergauf. Oben überquerte ich die Autobahn, danach wurde es richtig schön: Der Weg führte durch eine herrliche Allee mehrere km weit bis in die Vororte von Nevers. Im Führer wurde gewarnt, man müsse auf die Straßenschilder achten, weil die Auszeichnung schlecht sei. Da habe ich mich einfach auf Komoot verlassen - und konnte deshalb die schönen Aufnahmen vom "Wassergraben" (das war vermutlich schon wieder die Nievre) und den kleinen Gassen machen.
Die Kathedrale ist umwerfend schön. Schon allein an den Buntglasfenstern konnte ich mich kaum satt sehen. Leider kommen die Farben auf den Fotos nicht so schön heraus, wie sie tatsächlich waren.
Die Franzosen lieben übrigens meinen Namenspatron Antonius von Padua sehr. Es gibt kaum eine Kirche, in der man nicht eine Statue von ihm findet. Auch hier in der Kathedrale steht eine.
Im Office du tourisme bekam ich noch einen schönen Stempel in meinen Pilgerausweis. Danach wusste ich nicht so genau, was ich machen sollte. In einem Park hatte ich mir beim Eintritt in die Stadt schon meine dick belegten Mittagsbrote genehmigt. Hunger hatte ich also nicht. Aber mit dem schweren Rucksack in der Stadt herumlaufen, ist auch nicht optimal. Ich hatte mich in der Herberge für 15 Uhr angekündigt, und es war erst 12 Uhr.
Ich dachte, ich probiere es einfach trotzdem schon mal. Dazu musste ich über die Loire, die sogar hier schon eine imposante Breite hat. Mitten im Strom stand ein Angler und fischte.
Es war vielleicht halb 1, als ich an der Herberge ankam, wo ich sofort freundlich empfangen wurde.
Geduscht habe ich schon. Gleich gehe ich nochmal zurück in die Stadt. Ich will mir das archäologische Museum ansehen.
Und dann gibt es hier noch die Klosterkirche Maison Saint-Gildard, in der der unverweste Leib von Bernadette Soubirous aufgebahrt liegt. Ihr wisst schon, sie war das Mädchen, dem das Wunder von Lourdes geschah. Das kann ich mir nicht entgehen lassen.

Später am Abend:
Ich war in der Klosterkirche. Und ich bin tief berührt und beeindruckt. Ich habe einen Film gesehen, in dem Standfotos aus Bernadettes Leben gezeigt und kommentiert wurden (in dieser 25minütigen Vorstellung für mich als einzigen Zuschauer auf Deutsch). Ich habe die Plätze gesehen, die sie als Ordensschwester aufgesucht hat. Und - ja - ich habe auch ihren aufgebahrten Leib gesehen. Ich weiß ja nicht, wie ihr Körper unter der Ordenstracht aussieht. Aber ihr Gesicht sieht in keiner Weise wie das einer Toten aus. Es sieht aus wie das Gesicht einer sehr hübschen jungen Frau. Das war es aber nicht, was mich so beeindruckt hat. Es war die Dokumentation ihres bescheidenen, einfachen Lebens, das sie geführt hat. Trotz Verbots, das niemand überwacht hat, wurden in der Kapelle Fotos von ihrem Leichnam geschossen. Und plötzlich wurde mir bewusst, dass ihr nicht einmal im Tod das vergönnt wird, nach dem sie sich ihr ganzes Leben gesehnt hat: einfach unbeachtet wie alle anderen zu sein.
Hier gibt es deshalb kein Foto von ihr.
Das archäologische Museum habe ich mir nach diesem Erlebnis nicht mehr ansehen können und wollen. Ich wollte diesen Eindruck nicht verwischen.
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