29.August 2017 - Tag 94 - haase-news

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29.August 2017 - Tag 94

Wandern > Jakobsweg > Tag 91-100
Der scheinbar so ruppige Hospitalero Pedro erwies sich als wahrer Goldschatz. Sein Abendessen war köstlich und wurde mit gutem Rotwein und einem Gläschen Schlehenfeuer zu einem Festmahl.
Zwar sprach er nicht viel Englisch, aber wir hatten ja eine Brasilianerin in der Gruppe, die gut Spanisch sprach, und dazu eine äußerst sprachbegabte Ungarin. So wurde es noch ein sehr angenehmer Abend in der Herberge. Unsere geschleuderten Sachen waren auch nach kurzer Zeit wieder trocken, und sogar meine Wanderschuhe konnte ich heute Morgen wieder anziehen.
Der nächste Ort - Santo Domingo de la Calzada -- war schnell erreicht. In der frühen Morgenstunde war noch nicht viel los. Die Kathedrale, die eigentlich keine mehr ist, sondern eine normale Kirche war zwar geöffnet, aber hier soll dem Pilger oder Touristen in die Tasche gegriffen werden. Ohne Eintritt kommt man nicht rein, laut Pilgerführer 3 Euro. Darauf haben wir verzichtet, obwohl es eine interessante Legende gibt:
Ein Ehepaar war mit seinem Sohn auf Pilgerfahrt nach Santiago. Die Tochter des Herbergswirts verliebte sich in den Sohn, der aber nichts von ihr wissen wollte. Daraufhin schmuggelte sie einen Silberbecher in sein Gepäck und zeigte ihn nach der Abreise der Familie als Dieb an. Die ausgeschickten Häscher fanden sowohl den Sohn als auch den Becher, und der Sohn wurde als Dieb zum Tod durch Erhängen verurteilt. Das Urteil wurde sofort vollstreckt.
Als nun die Eltern zum Galgen gingen, um ihren toten Sohn noch einmal zu sehen, fanden sie ihn lebend. Jakobus höchstpersönlich hielt ihn fest. Sie eilten daraufhin zum Richter, um ihn um einen Freispruch zu bitten, da die Unschuld ihres Sohnes ja offensichtlich sei. Der Richter, der gerade ein Hühnchen aß, erwiderte, der Junge sei so tot wie das Hühnchen auf seinem Teller. Daraufhin erhob sich das Hühnchen und flatterte davon.
In Erinnerung an diese Legende werden noch heute ein Huhn und ein Hahn in einem Käfig in der Kirche gehalten und alle 2 Wochen ausgetauscht. Das ist wohl der Hauptgrund für das Interesse der Pilger und Touristen an der Kathedrale.
Über den Rio Oja, der der Region Rioja den Namen gegeben hat, ging es weiter, der Nationalstraße entlang. An einer Stelle hatten wir plötzlich kein Zeichen mehr. Mit Komoot und dem Pilgerführer fanden wir heraus, dass wir einen Abzweig verpasst hatten. Kein Problem - eine Querverbindung brachte uns nach nur 50 Metern wieder auf die Strecke.
Sonderlich interessant war sie nicht. Sie führte durch Felder zum Örtchen Granon. Dort kauften wir ein paar Lebensmittel ein und setzten uns auf eine Aussichtsterrasse am Ende des Dorfes, wo auch schon ein alter Einwohner des Dorfes saß (und 3 kleine Katzen).
Während wir unseren mitgebrachten Käse und Joghurt verspeisten (und dabei die Katzen fütterten), erzählte uns der Alte in Spanisch und in Zeichensprache, dass wir von hier oben auf die Grenze von Rioja und Kastilien blickten. Das nächste Dorf, Redecilla del Camino, gehört schon zu Kastilien. Man muss dazu wissen, dass Spanien keineswegs als Bundesstaat gesehen werden kann, sondern dass die einzelnen Regionen zum großen Teil selbstständig sein wollen. Das geht so weit, dass sich z.B. die Katalanen selbst nicht als Spanier bezeichnen lassen.
So erreichten wir also nach etwa 2 km eine Tafel,die uns darüber informierte, dass wir von nun an in Kastilien seien.
Durch Redecilla del Camino waren wir schnell gelaufen. Im Nachbarort Vilaria gab es eine kleine Bar, in der wir Eis aßen und eine Schokolade tranken. Eisbecher scheinen zumindest in dieser Region unbekannt zu sein, denn es gibt immer nur abgepacktes Eis (wie Cornetto).
Weiter ging es nach Villamayor. Hier warnte der Führer, die Herberge nicht mit dem Club zu verwechseln, da sich die sehr fürsorglichen Hospitaleras wohl nur selten mit einer freiwilligen Spende (Donativo) zufrieden gäben und auch keinen Pilgerrabatt einräumten
Genau diese Art Club hatten wir aber auch schon in Viloria gesehen und gemieden.
Der Himmel zog sich schon wieder zu, als wir die letzten 5,4 km nach Belorado in Angriff nahmen - im Wesentlichen entlang der Nationalstraße.
Mit Ingrid als Wanderpartnerin machen aber selbst solche Abschnitte nichts aus.
Gegen 15 Uhr erreichte ich nach fast 30 km die Herberge A Santiago. Ingrid fragte, ob sie ihr Zelt im Garten aufschlagen dürfe. Das wurde aber abgelehnt. Sie sucht sich deshalb wieder einmal ein Plätzchen außerhalb. Ich würde mich freuen, sie morgen wieder zu sehen.
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