09.Juni 2017 - Tag 19 - haase-news

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09.Juni 2017 - Tag 19

Wandern > Jakobsweg > Tag 11-20
Es ging um 7:45 Uhr in Montenach los. Der Abschied war geradezu herzlich. Ich hatte mich während des Frühstücks gut mit der Wirtin unterhalten.

Von Anfang an hatte ich ein kleines Problem im Kopf: Ich hatte in Sierck nicht damit gerechnet, dass ich viel Bargeld benötigen würde, aber das Essen in Montenach war teuer, und die Unterkunft hier in St.Hubert ist die wohl teuerste meiner ganzen Tour. Kurz und gut - ich brauchte Bargeld.

So zog ich also los - ein Stück bergauf, dann in leichtem Bergauf und Bergab über eine riesige wellige Hochfläche. Es fing an zu tröpfeln. Ich wollte den Poncho anziehen. Und da stellte sich Problem Nr. 2 ein: Die Hülle war da, der Poncho nicht. Mir fiel ein, dass ich ihn zu Julias Jacken an die Garderobe in Weiten gehängt hatte.

Zum Glück hörte der Regen aber auch schon wieder auf.2 Stunden später kam ich in St. Marguerite an. Der Regen auch. Aber es gab ein Bushäuschen, in dem ich ihn abwarten konnte. Als es zu tröpfeln nachließ, packte ich meinen Schirm aus und schützte den Rucksack damit, während ich weiter ging - nicht ideal, aber besser als ohne Schutz. Aus einem Auto heraus riefen mir Franzosen "Buen Camino" zu.

Der Regen hörte auf, ich erreichte einen sehr schönen Laubwald, in dem man vor Vogelgezwitscher kaum noch etwas anderes hörte. Ganz von fern schrie sogar ein Kuckuck.

Dann ging es aus dem Wald heraus und bergab. Im Führer stand, der Weg sei mitunter steil und glitschig. Stimmt, Frau Retterath! Heute war "mitunter". Diejenigen von euch, die schon mal eine Bergwanderung gemacht haben, kennen vielleicht das Gefühl, wenn man mit Wanderschuhen ein Schneefeld oder eine Schuttreiße hinuntergleitet. Wenn man das ganz entspannt macht, ist das ein herrliches Gefühl. Nun - dies hier war alles andere als herrlich. Bei jedem Schritt glitt man ein Stück im Schlamm nach unten. Die Sohlen der Schuhe sahen bald aus, als wären es Schneeschuhe, so sammelte sich der Schlick an ihnen.

Wie durch ein Wunder kam ich ohne Sturz unten an. Der Weg wurde zu einem Graspfad, so dass die Schuhe auch nicht mehr so verboten aussahen. Und 2 km weiter kam ich in Kedange an. Problem Nr. 1 löste sich auf. In Kedange gibt es sogar 2 Banken. Die Postbank hatte noch nicht wieder geöffnet und auch keinen Automaten draußen. Aber die Banque Mutuel war mit allem ausgestattet, was ich brauchte. In einer zu einem Hotel gehörenden Bar gab's einen Stempel (und ein Bier - das hatte ich mir verdient), und schon konnte ich weiterziehen.

Ich dachte, es wäre nicht mehr weit. War's auch nicht - knapp 10 km relativ flacher Weg. Zunächst ging es aber7 km lang über eine mäßig befahrene Landstraße. So richtig gut tut das den Füßen nicht. So machte ich eine löngere Pause in Budange.Es zogen schwarze Wolken auf, aber es sah so aus, als hätten sie nichts mit der Gegend selbst zu tun. Ich ging weiter bis zu einem größeren Gehöft, Gut Neudelange. Dort wurde mir die Schwärze und das immer lauter werdende Gegrummel aber doch zu unheimlich. Ich läutete an der Tür und wollte um die Erlaubnis bitten, in einem Schuppen, dessen Tür offen stand, den Regen abzuwarten.

Es war niemand zu Hause. Also stellte ich mich einfach so in den Schuppen, eine Art kleiner Garage. Und schon ging es los: es regnete. Die Frau des Hauses kam mit dem Wagen zurück, sah mich, ich nickte begrüßend und machte mich schon zur Erklärung bereit. Aber die Frau rannte nur ins Haus. Sie wusste wohl schon, was kam. Der Bauer kam auf einer Art Rasenmäher mit enormem Tempo mitten durchs Feld und fuhr sofort in eine offene Scheune. Und dann kam der Wolkenbruch. Innerhalb weniger Sekunden standen die Straßen unter Wasser, Regen und Hagel prasselten herunter, wie sie nur konnten.

10 Minuten später war der ganze Spuk vorbei, und die Sonne brannte wieder herunter. Ich zog weiter und sah nur noch, wie der Bauer mit seinem Rasenmäher aus dem Schuppen in die Garage fuhr.

Eine Stunde später - die Wege waren schon wieder so rutschig wie beim Abstieg, aber eben und deshalb nur noch lästig - kam ich in St.-Hubert an. Ich bin wohl der einzige Gast heute, habe ein fürstliches Zimmer, wurde mit einem Kaffee begrüßt. Das Abendessen war Klasse. Und nun bin ich hier vermutlich ganz allein in dem Luxushaus (mit 4 Gästezimmern). Der Wirt ist mit seiner Frau aus- oder nach Haus gegangen und hat sich bis morgen früh verabschiedet.

Dann geht's nach Metz, wo ich hoffentlich Problem Nr.2 lösen kann
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